Ethische Richtlinien zur Ausübung von Sexological Bodywork

Europäischer Verband für Sexological Bodywork (European Association of Sexological Bodyworkers im Folgenden EASB)

Einleitung

Die Ethischen Richtlinien des EASB lehnen sich an die Ethischen Richtlinien der ACSB (Association of Certified Sexological Bodyworkers, www.sexologicalbodyworkers.org) an. Sie regeln das professionelle Verhalten aller Bodyworker*innen des EASB (im Folgenden: SB).

Die Entwicklung ethischer Richtlinien erfordert ein persönliches Einlassen sich ethisch angemessen zu verhalten, ethisches Verhalten von Lernenden und Kollegen*innen angemessen zu unterstützen und je nach Notwendigkeit mit anderen über ethische Fragen Rücksprache zu halten.

Das Hauptziel dieser Regeln ist das Wohlergehen und der Schutz der Lernenden/Klienten*innen mit denen die SB arbeiten.

Die Mitgliedschaft im EASB und/oder die Arbeit in einer offiziellen Funktion als Ausbildner/in verpflichtet dazu, sich an die ethischen Richtlinien des EASB zu halten und den Regeln und Vorgehensweisen zu folgen. Diese ethischen Richtlinien beziehen sich auf alle Aktivitäten der SB, zu denen die Arbeit mit Klienten*innen in einer eigenen Praxis, Öffentlichkeitsarbeit, Ausbildung von Lernenden und Supervision gehören.

In ihrer Tätigkeit müssen SB zusätzlich zu diesen ethischen Richtlinien die Gesetze des jeweiligen Landes, in welchem die Tätigkeit ausgeübt wird, beachten. Wenn diese Richtlinien höhere Standards als die Gesetze beinhalten, müssen sich die SB den höheren ethischen Standards verpflichtet fühlen. Wenn die Standards mit den gesetzlichen Regelungen in Konflikt stehen, müssen SB Maßnahmen treffen, um den Konflikt verantwortungsvoll zu lösen.

Beschwerden bezüglich unethischen Verhaltens sollen an den Vorstand des EASB gerichtet werden. Alle Betroffenen haben das Recht auf eine Stellungnahme. Die Maßnahmen, die von der EASB getroffen werden, falls die Richtlinien verletzt werden, können Mahnung und Ausschluss von der Mitgliedschaft in der EASB beinhalten.

1 Pflichten und Verpflichtungen gegenüber Lernenden und Klienten*innen

1.1 SB respektieren und schützen Menschenrechte, berücksichtigen individuelle, geschlechtsspezifische, kulturelle, religiöse und soziale Unterschiede, fördern sexuelle Rechte und nehmen nicht wissentlich an unfairen, diskriminierenden Praktiken teil oder befürworten diese. 

1.2 SB nehmen eine professionelle Haltung ein. Sie wenden nur diejenigen Methoden an, die sie durch Aus- und Weiterbildung gelernt haben und zu denen sie durch ihre Erfahrung befähigt sind. 

1.3 SB haben gegenüber ihren Lernenden und Klient*innen eine Informationspflicht. Bei Beginn der Ausbildung oder Begleitung informieren sie offen über die allgemeinen Bedingungen, die Ziele und Methoden, sowie die voraussichtliche Dauer. Sie verpflichten sich, vor Übernahme eines Auftrages klare Honorarvereinbarungen zu treffen. Sie sind transparent in Bezug auf die eigene Qualifikation und Arbeitsmethode. Sie informieren über die Ethikrichtlinien des EASB und machen diese auf Anfrage zugänglich. 

1.4 SB halten sich jederzeit an die Vereinbarungen mit Ihren Lernenden und Klient*innen. Sie erkennen die Wichtigkeit von Einwilligung und Entscheidungsfreiheit. Lernende und Klient*innen dürfen zu keinem Zeitpunkt gedrängt werden, an irgendeiner Handlung, Übung oder Veranstaltung teilzunehmen. Sie haben zu jedem Zeitpunkt das Recht, nein zu sagen und/oder die Begleitung bzw. den Workshop ohne Begründung zu verlassen. 

1.5 SB sind sich bewusst, dass sie die Zustimmung ihrer Lernenden und Klient*innen erfragen müssen.  Die Lernenden und Klient*innen bestimmen ihre Lernfelder, deren Tiefe und Umfang selbst. SB fragen um Erlaubnis, bevor sie jemanden berühren. SB hören mit der Begleitung/Berührung auf, sobald Lernende oder Klient*innen danach verlangen oder Anzeichen dafür sprechen, damit aufzuhören. 

1.6 Sexueller Kontakt und/oder Verhalten mit Lernenden und Klient*innen: 

  • SB öffnen sehr vertrauliche Erfahrungsräume, wobei Lernende und Klient*innen in ihrer emotionalen und physischen Verletzlichkeit respektiert und geschützt werden. 
  • In dieser Hinsicht ist das Setting eines solchen Erfahrungsraumes immer als Lernerfahrung für Lernende und Klient*innen zu verstehen und ist niemals als interaktive Handlung auf sexueller oder emotionaler Ebene. Ausserhalb der professionellen Einzelbegleitungen oder Gruppenworkshops pflegen SB keinerlei sexuelle Beziehungen und intimen Austausch mit ihren Klient*innen. Nach Abschluss der Begleitung ist mindestens ein Abstand von 2 Jahren einzuhalten, bevor eine Beziehung eingegangen werden kann.
  • Der Lernraum ist zeitlich und örtlich definiert. SB nehmen in dieser Zeit eine professionelle Rolle ein, sind sich dieser Rolle bewusst und gehen damit sorgfältig um. 
  • In Gruppen- und Einzelsitzungen bleiben SB immer angezogen, auch dann, wenn ihre Lernenden und Klient*innen in der sexologischen Körperarbeit nackt sind. Die Berührungen sind immer einseitig.  
  • Lernende und Klient*innen können ihre Partner oder andere Lernende mitbringen, wenn sie interpersonelle, erotische Fähigkeiten lernen wollen. 
  • SB benutzen medizinische Untersuchungshandschuhe für genitale interne Berührungen (vaginal, anal). Auf Wunsch der empfangenden und/oder gebenden Person werden für sämtliche genitale Berührungen Handschuhe getragenFür Berührungen im Genitalbereich nur hochwertige, gut verträgliche Gleitmittel verwendet.  
  • Alle Ausbildungen sollen eine inhaltliche Aufklärung über Hygiene enthalten und über ausreichende Ausstattung verfügen, um einen angemessenen Hygienestandard zu gewährleisten.  

1.7 SB sind sich der Macht bewusst, die in ihrer Rolle als Lehrer*/Berater*/Begleiter*innen liegt, und sie werden diese Macht nicht missbrauchen, um ihre Lernenden und Klient*innen auszunützen. 

1.8 SB erkennen die Wichtigkeit von körperlichem, emotionalem und spirituellem Wohlbefinden an.

1.9 Um die Gesundheit sowohl des Lernenden und Klient*innen als auch des SB zu schützen, erkennen die SB die Notwendigkeit, die Risiken zu reduzieren und sich in allen Situationen der Einzel- und Gruppenarbeit an die beruflichen Vorgaben zu halten. 

1.10 SB werden keine Körperarbeit, Unterrichtssitzung und/oder Präsentation geben, während sie selbst oder Lernende und Klient*innen offensichtlich unter dem Einfluss von Alkohol oder Drogen stehen. 

1.11 SB werden ihre beruflichen Dienste für Lernenden und Klient*innen beenden, sobald diese Dienste nicht mehr benötigt werden oder im Interesse der Lernenden und Klient*innen sind. 

1.12 SB dürfen nach sorgfältiger Überlegung aller Faktoren, die die Situation beeinflussen und nachdem alle möglichen, nachteiligen Effekte in Betracht gezogen wurden, ihre Dienste einseitig beenden. SB können angemessene Überweisungen zu anderen Fachpersonen vorschlagen und unterstützen die Lernenden und Klient*innen in der Zeit dieses Übergangs. 

1.13 SB streben eine umfassende Fachkompetenz durch permanente Fortbildung, Supervision und Selbsterfahrung an. Vorgaben werden vom Verband EASB erstellt. 

1.14 SB führen sinnvollerweise Aufzeichnungen/Protokolle ihrer Kurse und Sitzungen. Die Entscheidung darüber liegt im Ermessen des SB. 

2 Pflichten und Aufgaben zum Schutz der Vertraulichkeit

2.1 SB werden den vertraulichen Umgang mit allen Informationen, die sie während der Unterrichtssitzungen erhalten haben, respektieren und bewahren.

2.2 SB werden sich nur von der professionellen Schweigepflicht lossagen, wenn ihnen dazu die schriftliche Erlaubnis ihrer Lernenden/Klienten vorliegt, sie gesetzlich dazu verpflichtet sind oder ein Gerichtsbeschluss dazu vorliegt; eine allgemeine, unspezifische oder verbale Erlaubnis ist nicht ausreichend.

2.3 SB werden die Anonymität der Lernenden/Klienten*innen bewahren, wenn sie Informationen zu Lehrzwecken oder zur Supervision nutzen.

2.4 SB werden von allen Menschen, die an einem Kurs teilnehmen, verlangen, eine schriftliche oder mündliche Übereinkunft zu treffen, die Informationen, die während solcher Unterrichtseinheiten geteilt werden, respektvoll und vertraulich zu behandeln.

 

3 Verpflichtungen und Aufgaben gegenüber dem Berufsstand

3.1 SB sind daran beteiligt, den Berufsstand der somatischen Sexualaufklärung zu schaffen, deren Absicht es ist, den öffentlichen Bedarf an Information und den Möglichkeiten zum somatischen Lernen zu erfüllen. Jede öffentliche Präsentation eines CSB-IISB über den Berufsstand Sexological Bodywork soll in Übereinstimmung mit diesen Richtlinien sein und soll die Absicht verfolgen, den Berufsstand zu fördern.

3.2 SB werden den Umfang ihrer Ausbildung, ihrer Qualifikation und ihrer Erfahrung im Sexological Bodywork in mündlichen oder schriftlichen Äußerungen deutlich und wahrheitsgetreu darstellen.

3.3 SB werden alle mündlichen oder schriftlichen Äußerungen, die in Werbung, Beschreibungen oder Erklärungen der Dienste und Prinzipien von Sexological Bodywork auftauchen, überprüfen, um sicher zu gehen, dass diese Äußerungen nicht:

– ungerechtfertigte Erwartungen bezüglich der Ergebnisse aufweisen

– falsche Behauptungen über den Grad der Kompetenz, Ausbildung oder Zertifizierung aussagen

– angeben oder andeuten, dass gegenüber anderen Methoden oder Lehren Überlegenheit besteht

– behaupten, dass gegenüber anderen Sexological Bodyworkern Überlegenheit besteht

– andeuten, dass Sexological Bodyworker medizinische oder psychologische Zustände diagnostizieren, behandeln oder vorbeugen.

3.4 SB müssen eine klare Unterscheidung zwischen Sexological Bodywork und anderen professionellen Diensten, die sie vielleicht anbieten, treffen.

3.5 SB werden Sexological Bodywork innerhalb des Geistes der Prinzipien dieser Richtlinien anwenden und auffassen. CSB-IISB stimmen außerdem zu, dass sie um Supervision und Anleitung bitten müssen, wenn sie Unklarheiten erleben oder Schwierigkeiten haben, zu bestimmen, was ethisches Verhalten ausmacht.

3.6 SB dürfen jedes Mitglied der SB Gemeinschaft positiv und konstruktiv darauf hinweisen, falls sie ethische Bedenken haben. Alternativ oder zusätzlich dürfen SB den Vorstand des EASB bezüglich ihrer Bedenken kontaktieren.

3.7 Die SB werden die EASB darin unterstützen, diese Richtlinien aufrecht zu erhalten und werden bei Untersuchungen möglicher Verstöße kooperieren.

4 Verpflichtungen und Aufgaben den Kollegen*innen gegenüber

4.1 SB verzichten darauf, ihren Kollegen/ihre Kollegin die Lernenden/Klienten*innen abzuwerben.

4.2 SB werden angemessene Kommunikation zwischen ihren Lernenden/Klienten*innen und deren derzeitigen oder ehemaligen Lehrern*innen/Begleitern*innen fördern.

4.3 Sollten zwischen den Kollegen*innen Konflikte entstehen, ob nun als Teil einer Unterrichtssitzung oder in einem persönlichen Zusammenhang, einigen sich die Beteiligten darauf, für ihren Konflikt eine Lösung zu finden. Mediation ist Teil dieser Lösung, beschränkt sich aber nicht darauf. Die Lösung des Konfliktes wird so erfolgen, dass kein negativer Effekt auf die Lernenden/Klienten*innen oder das Lernumfeld entsteht.

5 Verwendung der Berufsbezeichnung

5.1 Das Recht den Titel Certified Sexological Bodyworker zu tragen ist nur Personen gestattet, welche eine abgeschlossene Ausbildung zum Certified Sexological Bodyworker gemacht haben.

5.2 Unkorrekte Verwendung von Titeln werden vom EASB beanstandet. Nötigenfalls wird ein Verfahren eingeleitet.

 

Zürich, März 2021